Am 27.03.25 besuchten die Deutsch-Basiskurse der Kurstufe 1 das Theaterstück „Corpus Delicti“ von Juli Zeh im Theater Baden-Baden. Den gleichnamigen Roman hatten wir zuvor im Deutschunterricht behandelt.

Das Stück „Corpus Delicti“ spielt in einer dystopischen Zukunftswelt, in welcher die Gesundheit das höchste Gut darstellt. Beschrieben wird ein Staat, im Theaterstück repräsentiert von Heinrich Kramer, mit der Staatsform der „Methode“. Diese zwingt seine Bürger durch Überwachung und Kontrolle zu einem gesunden Lebensstil. Die Protagonistin Mia Holl durchläuft eine Entwicklung von einer systemtreuen Anhängerin zu einer freiheitsorientierten Antimethodistin, ausgelöst durch ihren Bruder Moritz Holl, der wegen eines Systemfehlers zunächst im Gefängnis sitzt und dann dort Selbstmord begeht. Durch die Figur der idealen Geliebten, die nur Moritz, Mia und das Publikum kennen, gewinnt man einen eindrucksvollen Einblick in Mias Gefühle sowie deren inneren Konflikt.

Nach dem Theaterbesuch bildeten sich im Kurs verschiedene Meinungen. Manche empfanden die Darstellung als überspitzt und weniger authentisch, da sie stark von der eigenen Vorstellung beim Lesen abwich und dadurch den Zugang zur Handlung erschwerte. Beispielsweise gab es den Eindruck, dass manche Figuren und deren Beziehungen verzerrt dargestellt wurden. So war die Beziehung zwischen Kramer und Mia zum Beispiel übermäßig disproportioniert zu Gunsten Heinrich Kramers. Eine ständige Überlegenheit des Journalisten war dauerhaft spürbar, was dem Leseeindruck widerspricht. Mia Holl, eigentlich die personifizierte Rationalität, die sich im Laufe der Geschichte immer weniger rational verhält, wurde durchgehend emotional handelnd dargestellt. Dadurch fehlte die Entwicklung der Protagonistin von einer Methodenanhängerin zu einer Methodengegnerin. Zudem fiel auf, dass im Vergleich zum Roman Charaktere fehlten, was zu einem Fehlen von tieferen Gesamtaussagen führte. Die Nachbarinnen Holls, der Versuch einer aufrüttelnden Gesellschaftskritik, wurden einfach wegrationalisiert und hiermit der gesamte Aspekt über individuelle Verantwortung und Denunziation, sowie die Gefühlslage der Bevölkerung in Bezug auf das Verfahren Mias. Auch das Fehlen des methodenhinterfragenden Journalisten „Würmer“, welcher schlussendlich durch die Methode gezwungen wird, ein falsches Geständnis abzulegen, erschwerte die Darstellung des repressiven Charakters des Methodenstaates.

Viele empfanden das Theaterstück aber auch als eine positive Erfahrung und Ergänzung zum Deutschunterricht. Das Stück bot eine interessante und neue Darstellung des zuvor gelesenen Romans. Bei der Inszenierung fielen insbesondere die minimalistischen, drehbaren Bühnenelemente auf, welche eindrücklich die Sterilität des Systems vermitteln und die verschiedenen Handlungsorte vereint darstellen konnten. Auch aufgrund des Einsatzes von verschiedenem Licht und unterschiedlicher Musik wurden die Szenen mit den je weiligen emotionalen Atmosphären, wie beispielsweise Rückblicke, deutlich erkennbar. Die Kostüme waren farblich auffällig bunt gestaltet und symbolisierten jeweils die Position der Charaktere innerhalb der Methode und deren emotionale Lage. Viele Sprechtexte erinnerten uns an Zitate aus dem Roman, was die Nähe zu jenem zeigt.

Insgesamt zeigt sich, dass der Roman im Vergleich zum Theaterstück eine größere inhaltliche Tiefe aufweist. Während das 2007 uraufgeführte Theaterstück durch visuelle Effekte, Bühnenbild sowie durch Gestik und Mimik der Schauspielerinnen und Schauspieler eine eindrucksvolle sinnliche Erfahrung ermöglicht, überzeugt der 2009 erschienene Roman durch seine Vielschichtigkeit und die detailliertere Ausarbeitung der Figuren.